Ergonomische Koerperhaltungsbewertung manueller Montagetaetigkeiten

Aus Ergotyping
Zur Navigation springenZur Suche springen

Hinweis: Diese Seite wird zur Zeit erarbeitet


zurück zur Hauptseite Ergonomie korrektiv


verwendete Abkürzungen zu bestimmten Funktionen: s. Tutorial: Grundfunktionen
Kontextmenü: Aufruf von Funktionen mit rechter Maustaste


Zielstellung


Ausgangssituation:

  • An einem Bauplatz werden Strukturbauteile mit Nietverbindungen aneinandergefügt. In die zu verbindenden Bauteile werden Bohrungen eingebracht, danach Niete durchgeschoben und der Nietschaft verformt, so dass eine formschlüssige Nietverbindung entsteht. Die Werker führen die Tätigkeit stehend an senkrechten Bauteilen aus. Betrachtet wird der Nietvorgang.

Ziel:

  • digitale Ergonomiebewertung der gegebenen Arbeitssituation
  • Ableitung und Begründung ergonomischer Anforderungen
  • Diskussion von Gestaltungsalternativen
  • In der Übung werden Methodik, Ergebnisse und Schlussfolgerungen vertiefend diskutiert

Nutzergruppe/ Referenzpersonen i. S. worst case:

  • Männer, Frauen: 25-60 Jahre (getroffene Annahme)
  • Simulation: für kritische Grenzperzentile und Spektrum anthropometrischer Eigenschaften (Geschlecht, Alter, Perzentil)

Lernziel:

  • Kennenlernen von Funktionalitäten des Ergotyping®-Tools Körperhaltungsbewertung (s. auch ↗)
  • methodische Schulung
  • Erkennen und Beschreiben relevanter Einflussgrößen für eine Arbeitsanalyse
  • Beurteilung notwendiger Voraussetzungen für eine nachfolgende rechnerunterstützte Betrachtung
  • digitale Ergonomiebewertung der gegebenen Arbeitssituation mit Funktionalitäten des Ergotyping®-Tools Posture Analysis
  • Diskussion von Fehlereinflüssen und Genauigkeitsanforderungen
  • rechnerunterstützter Vergleich von Ist- und Sollzustand der Ausführungsbedingungen am Arbeitsplatz


Vorgehen

Vorüberlegungen

  • Zunächst sind die genaue Ausführung und die Randbedingungen der Tätigkeitsausführung zu analysieren und zu beschreiben. Daraus können vorhandene Belastungsarten erkannt und sinnvolle Instrumentarien zu deren Bewertung abgleitet werden.

Schritt 1

  • Beschreibung der Tätigkeitsausführung und Randbedingungen
Die Niete werden in horizontaler und vertikaler Reihe manuell eingebracht. Dadurch sind diese Tätigkeiten in unterschiedlicher Arbeitshöhe auszuführen, was zu Haltungsanpassungen der Nutzer führt. Es treten lang anhaltende gebeugte und tordierte Rumpfhaltungen auf. Die Niete befinden sich lose in einer Werkzeugschale, die vom Werker mit der linken Hand gehalten und mitgeführt wird. Die rechte Hand vereinzelt die Niete, ergreift einen Niet mit Daumen und Zeigefinger und steckt ihn in das Bohrloch. Dabei wird Druck mit dem Daumen ausgeübt, um den Niet in Endposition zu platzieren. Der Vorgang wird visuell kontrolliert und erfordert einen mittleren Sehabstand.

Schritt 2

  • Bestimmung auftretender Belastungsarten
Hand-Finger-Kräfte beim Stecken der Niete auf: Druckkraft mit dem Daumen
Körperzwangshaltungen durch
- gebeugtes, verdrehtes Stehen, statische Belastungen
- Kopfhaltung infolge des Sehabstandes und der Sichtfixierung auf die Bohrlöcher, statisch
- Hand-Fingerstellung beim Vereinzeln, Halten und Führen des Nietes, dynamisch
- Armstellung, dynamisch, z. T. statisch, wenn der Oberarm in gleicher Haltung verbleibt

Schritt 3

  • Bestimmung zu nutzender Ergonomieverfahren
Hand-Finger-Kräfte können mit dem Montagespezifischen Kraftatlas bzw. mit dem Verfahren nach Siemens und Derivate
Körperhaltung mit Fokus auf obere Extremitäten: RULA-Verfahren
  • Die Bewertung der Hand-Finger-Kräfte sind mit der Papier- und Bleistift-Methode durchzuführen, da entsprechende Verfahren im digitalen Ergonomiewerkzeug aufbereitet sind.
  • Die Körperhaltungsbewertung kann rechnerunterstützt erfolgen, das RULA-Verfahren ist im Ergonomietool umgesetzt.

Schritt 4

  • Vorausetzungen für eine digitale Analyse und Bewertung
    • Im digitalen Ergonomietool ist das RULA-Verfahren mit seinen Verfahrensgrundlagen und den dahinter liegenden Daten programmtechnisch umgesetzt. Da die Einstellung der Körperhaltung und von Körperteilstellungen für die untersuchte Nutzergruppe am Menschmodell über Gelenkwinkeleinstellungen und z. T. über Targetanimationen (inverse Kinematik) vorgenommen wird, hängt die Haltungsauswertung von der Genauigkeit der voreingestellten Haltung ab. Das setzt eine gute Kenntnis der analysierten Tätigkeit und ein gutes Vorstellungsvermögen des Bearbeiters voraus.
    • Des Weiteren ist eine solide Kenntnis des genutzten Ergonomieverfahrens erforderlich, da unterschiedliche Stufungen in Winkelstellungen der Gliedmaßen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Daher ist einerseits eine plausible optische Lösung, die der realen Tätigkeitsausführung möglichst nahe kommt, anzustreben. Andererseits sind im Zweifelsfalle Körperteilhaltungen auf Winkelstellungen hin zu untersuchen, die zwischen zwei Einstufungen liegen (für dieselbe Referenzperson). Das heißt aber auch, dass das Endgebnis der Körperhaltung/ der Ergonomiebewertung lediglich eine Tendenz widerspiegelt. Hier können auch einzelne mögliche Haltungsvariationen (für die Referenzperson, nicht zwischen den anthropometrisch unterschiedlichen Nutzern) getrennt diskutiert und in eine Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Wichtig ist, insgesamt zu erkennen, für welche Körperteile Belastungen auftreten und welches Ausmaß zu erwarten ist.

Auswahl von worst case Handlungsstellen

  • RULA bewertet nur vorausgewählte einzelne Körperhaltungen, um kritische Belastungen zu detektieren. Daher sind die zu erwartenden kritischsten Haltungen der Nutzer unter Beachtung der Häufigkeit ihres Auftretens vorauszuwählen. Diese Haltungen hängen von zugehörigen Handlungsstellen, der Beweglichkeit, den Raumverhältnissen und den Körperabmessungen der Nutzer ab.

Schritt 1

  • Abhängigkeit von der Nutzergruppe
Zu erwarten ist, dass die größten Nutzer ungünstigste Rumpfhaltungen einnehmen müssen (besonders akzelerierte Personen mit kurzen Beinen und langem Rumpf: Sitzriesen)
Möglich ist aber auch, dass besonders kleine Personen belastende Armstellungen (besonders wenig akzelerierte Personen mit kurzen Armen) und Kopfbewegungen einnehmen
    • Festlegung zu Referenzpersonen: M95 - 25 Jahre - Sitzriese versus F5 - 50 Jahre - Normaltyp - kurze Arme
  • Abhängigkeit vom verfügbaren Bewegungsraum
Besteht an einzelnen Handlungsstellen räumliche Enge bzw. ist die Standsicherheit eingeschränkt, wirkt sich das in Form von Haltungsanpassungen aus. Daher ist im Vorfeld abzuklären, welche Bedingungen im Handlungsumfeld existieren. Ist das nicht bekannt, kann über entsprechend ausgewählte Referenzpersonen der einzuplanende /vorausgesetzte Platzbedarf ermittelt werden.
    • Festlegung zu Referenzpersonen: M95 - 25 Jahre - Sitzriese - endomorph