Ergonomie-Grundlagen: Anthropometrie

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1 Begriff Anthropometrie und Wege anthropometrischer Gestaltung

2 Ordnungsschema für Körpermaße und Körpermaßverteilung

3 Perzentilberechnung normalverteilter Körpermaße und Datenbanken

4 Einflussfaktoren auf die Variation von Körpermaßen


5 Arbeitsplatzgrundtypen im Büro- und Produktionsbereich


8 Hilfsmittel für die Ermittlung von Gestaltungsmaßen

8.1 Bestimmung von Gestaltungsmaßen ohne direkte Bezugsetzung zum Körpermaß
8.2 Berechnung der Gestaltungsmaße unter Nutzung normativer Körpermaße sowie weiterer Parameter



Arbeitsplatzgrundtypen im Büro- und Produktionsbereich


Gemäß Betriebssicherheitsverordnung (Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln - BetrSichV) hat der Arbeitgeber gemäß §4 Abs. 4 für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln ergonomische Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsorganisation, -ablauf und -aufgabe zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Körperhaltung, die Beschäftigte bei der Benutzung der Arbeitsmittel einnehmen müssen.

Generell kann man nach der für die Ausführung der Arbeitsaufgabe vorherrschend einzunehmenden Arbeitshaltung drei Grundtypen unterscheiden:

Sitzarbeitsplätze - Steharbeitsplätze - Steh-Sitzarbeitsplätze

Diese Grundtypen treten bei Büro- und büroähnlichen Arbeitsplätzen, Callcenter-, Mikroskopier-, Montagearbeitsplätzen, bei Fahrertätigkeiten, bei Arbeitsplätzen auf Führerständen und Leitwarten, Maschinenarbeitsplätzen etc. auf.

Allgemeine Entscheidungskriterien für die Wahl eines Arbeitsplatztyps sind:

die aufgabenabhängigen visuellen und motorischen Anforderungen
die Dauer der Tätigkeit
die erforderliche Flexibilität des Beschäftigten zwischen Arbeitsplätzen und an Handlungsstellen eines Arbeitsplatzes (technologische Aspekte des Arbeitsablaufs)
Art, Größe der Arbeitsgegenstandes
Gesichtspunkte physischer, psychischer Belastungen.

Im Zusammenhang damit sind Einflüsse auf die spätere Bestimmung der Arbeitshöhe als der Abstand zwischen einer Bezugsebene und der Handlungsstelle zu berücksichtigen.

Bezugsgrößen für die Arbeitshöhe:

  • Was: Bestimmung der maßgeblichen Kopplungsglieder, motorischer Anforderungen (s. im Bild Figur 4)
Greif-, Kopplungsart (s. im Bild Figur 3); hohe, mittlere, niedrige Anforderungen an die Feinmotorik
  • Wo: Definition typischer Handlungsstellen (s. im Bild Figur 2)
häufigster durchschnittlicher Ort des manuellen Einwirkens auf den Arbeitsgegenstand
  • Wie: Grundkörperhaltung, Körperteilstellungen
Festlegung physiologisch günstiger Hand-Arm-Stellungen und Oberkörper-Kopfbewegungen in Abhängigkeit von der Arbeitsaufgabe (s. im Bild Figur 1, 3)
Zulässige Bewegungsbereiche, Komfortgelenkwinkelstellungen
Sehentfernung in Abhängigkeit von Arbeitsanforderung als Abstand Sehobjekt zum Auge (s. im Bild Figur 1)

.


Man kann verschiedene Auslegungskonzepte für die drei Arbeitsplatzgrundtypen unterscheiden, zunächst vereinfacht unter der Annahme, dass der Handlungsort direkt auf der Tischfläche liegt.

Sitzarbeitsplätze

Sitzarbeitsplatz, optimal ausgelegt

  • Variable Sitzhöhe für P5 bis P95
  • Variable Stehhöhe für P5 bis P95
Einsatz von Armstützen bei länger andauernder feinmotorischer Tätigkeit
Sitzgelegenheiten nach DIN 68 877:1981-07 "Arbeitsdrehstuhl - Sicherheitstechnische Anforderungen"; Büromöbel - Büro-Arbeitsstuhl nach DIN EN 1335:2002-08

.


Sitzarbeitsplatz, mit Anpassungshilfen

  • Feste Tischhöhe, Auslegung nach P95
  • Variable Sitzhöhe für P5 bis P95: erhöhtes Sitzen für kleine Personen, um identische Kontaktpunkte sicherzustellen
  • verstellbare Fußstütze für P5 bis < P95

.

Steharbeitsplätze

Steharbeitsplatz, optimal ausgelegt

  • Feste Tischhöhe, Auslegung nach P95
  • variable Tischhöhe für P5 bis P95
Reduzierung physischer Belastungen durch zusätzliche Bereitstellung und gelegentliche Nutzung von Stehhilfen
empfohlenes Verhältnis eines Belastungswechsels: 5:1 innerhalb kurzer Zeitabstände (ca. aller 1h bis 2h)

.


Steharbeitsplatz, mit Anpassungshilfen

  • Feste Tischhöhe, Auslegung nach P95
  • Variable Stehhöhe für > P5
höhenverstellbares Podest für Personen ab P5
Unterstützend Einsatz von Stehhilfen möglich:
Entlastung von Kreislauf u. Stützapparat (Aufnahme bis zu 60% des Körpergewichtes)
Belastungsreduzierung auch durch gut gepolstertes Schuhwerk, Bodenmatten
Beachtung Fußraum: keine Verstrebungen und Ablageböden am Tisch

.


Steharbeitsplatz, Kompromiss

  • gemittelte feste Tischhöhe, Auslegung nach P50-Unisex
Wenn Nutzergruppe männlich (M)/ weiblich (F): Mittelung nach M50/F50 bzw. F5/M95 oder F95/M5

.

Stehhilfen

Um anhaltendes Stehen zu vermeiden, kann als Kompromiss eine Stehhilfe eingesetzt werden. Die bessere Alternative ist ein zeitweiliger Wechsel in die Sitzhaltung. Die Stehhilfe weist neben Vorteilen etliche Nachteile auf und sollte demnach nur zeitlich begrenzt genutzt werden. Stehhilfen gibt es mit starrer und pendelnder Säule, mit sattelförmiger oder vorgeneigter Sitzfläche.

Vorteile der Stehhilfe:

  • Aufnahme bis zu 60% des Körpergewichts
  • leichter Wechsel zur Stehhaltung
  • geringes Gewicht
  • leicht wegstellbar

Nachteile der Stehhilfe:

  • eingeschränkte Arbeitshaltungen
  • lokaler Druck und Beschränkung der Blutzirkulation
  • Anschwellen der Beine bei lang andauerndem Gebrauch
  • Raumanforderungen für die Unterbringung der Beine
  • pendelnde Säulen aus Sicherheitsgründen nicht empfehlenswert

Steh-Sitzarbeitsplätze

Steh-Sitz-Arbeitsplatz, optimal ausgelegt

  • variable Tischhöhe für Stehen und Sitzen: Verstellbereich: für Sitzen P5 bis Stehen P95
  • Variable Sitzhöhe für P5 bis P95
Einsatz besonderer Arbeitshochstühle mit vergößertem Verstellbereich

.


Steh-Sitz-Arbeitsplatz, mit Anpassungshilfen

  • i. allg.: gemittelte feste Tischhöhe nach P50-Unisex für Stehen
  • Berechnung der Sitz- und Fußstützenhöhe für diese Steh-Arbeitshöhe
  • Variable Sitzhöhe für P5 bis P95
  • Variable Fußstütze für P5 bis P95
  • Einsatz besonderer Arbeitsstühle: sog. Hochstühle
  • Beachtung Beinraum:
keine Tastaturschübe
Rollcontainer statt feste Unterschränke

.

Hilfsmittel für die Ermittlung von Gestaltungsmaßen


  • Bestimmung von Gestaltungsmaßen ohne direkte Bezugsetzung zum Körpermaß
  • Berechnung der Gestaltungsmaße
  • Direkte Wertangabe des Gestaltungsmaßes
- Orientierende Abmessungsempfehlungen in Handbüchern, Datensammlungen, Leitfäden für den Praktiker etc.
- Normative feste Maße für ein normatives Gestaltungsziel
  • Berechnung der Gestaltungsmaße unter Nutzung normativer Körpermaße sowie weiterer Parameter
  • Normative Berechnungsverfahren gemäß normativer Gestaltungsziele
  • Berechnung für individuelle Gestaltungsziele
  • Menschmodelle
  • Schablonensomatographie
  • Computersomatographie (digitale Menschmodelle)
  • Virtuelle Menschmodelle in Powerwall- u. Caveprojektionssystemen

Bestimmung von Gestaltungsmaßen ohne direkte Bezugsetzung zum Körpermaß

Berechnung der Gestaltungsmaße

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Berechnung der Gestaltungsmaße unter Nutzung normativer Körpermaße sowie weiterer Parameter

Normative Berechnungsverfahren gemäß normativer Gestaltungsziele


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Berechnung für individuelle Gestaltungsziele

 

Beispiel: Büroarbeitsplatz

--> Nutzergruppe Männer, Frauen der Region Deutschland
--> Nutzung von Körpermaßdaten der DIN 33402 --> Beachtung der Akzeleration
--> Zuschlag für Schuhe: 30 mm
  • Sitzhöhe und Tischhöhe verstellbar
  • Sitzhöhe verstellbar: Unterschenkellänge mit Fuß + Absatzhöhe
M95 505 mm + 30 mm = 535 mm
F5   365 mm + 30 mm = 395 mm
  • Tischhöhe verstellbar: Sitzhöhe + Ellenbogenhöhe über Sitzfläche
M95 535 mm + 290 mm = 825 mm
F5   395 mm + 175 mm = 570 mm
  • Sitzhöhe und Tischhöhe fest
Auslegung nach Mittelwert der 50. Perzentile Mann/Frau (Unisexmodell) (F50 + M50)/2
alternativ möglich: (M5 + F95)/2 --> da M5 = F50 und F95 = M50
  • Sitzhöhe fest: Unterschenkellänge mit Fuß + Absatzhöhe
(470 mm + 405 mm)/2 + 30 mm = 467.2 mm
oder:
(425 mm + 440 mm)/2 = 462.5 mm
  • Tischhöhe fest: Sitzhöhe + Ellenbogenhöhe über Sitzfläche
467.2 mm + (250 mm + 215 mm)/2 = 699.7 mm
oder:
462.5 mm + (220 mm + 255 mm)/2 = 700 mm


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