Einordnung im Digital Prototyping
Der Entwicklungs- und Gestaltungsprozess technischer Produkte und Systeme erfolgt heutzutage unter Nutzung digitaler Prototypen im Digital Prototyping.
Digital Prototyping ist eine Vorgehensweise in der technischen Entwicklung, bei der geplante physische Modelle durch funktionsfähige, vereinfachte digitale Versuchsmodelle repräsentiert werden. Damit ist man in der Lage, Konstruktionen vom Entwurf bis zum Herstellungsprozess zu erarbeiten, Eigenschaften zu prüfen und zu optimieren. Anhand digitaler Prototypen auf Basis von Komponenten, Teil- und Gesamtsystemen werden Funktionalitäten dargestellt und simuliert.
Im Digital Prototyping sind den einzelnen Phasen des Entwicklungsprozesses ergonomiebezogene Aufgabenstellungen zugeordnet. Für Schnittstellen, an denen der künftige Nutzer mit Eigenschaften des Produkts oder Systems zusammentrifft, sind ergonomische Fragestellungen mit verschiedenen Methoden zu beantworten. Dafür setzt man partiell Ergonomiewerkzeuge in Form digitaler Menschmodelle ein.
Ein digitales Menschmodell verkörpert ein Modell des Menschen, welches die jeweils im Gestaltungsprozess erforderlichen menschlichen Eigenschaften (z. B. anthropometrische, biomechanische) softwaretechnisch umsetzt und damit die unterschiedlichen ergonomischen Anforderungen an ein Produkt festschreibt. Die mit Menschmodellen durchführbaren virtuellen ergonomischen Absicherungen wie z.B. Geometrieabsicherung, Überprüfung von Freiräumen, Einstellbarkeit von Bedienelementen auf Körperhaltungen und -abmessungen der künftigen Benutzer, Sichtbedingungen, Informationsein- und -ausgabemöglichkeiten u. a. finden zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklung statt, zu dem ein Produkt/System noch nicht real existiert.
Neben und nach der virtuellen Untersuchung werden Realuntersuchungen an Konzeptmodellen durchgeführt. Die virtuelle Absicherung ist demnach eine Vorstufe zur realen bzw. begleitet diese parallel.
Bestimmend für die Nutzungsart der Ergonomiewerkzeuge und Methoden sind die gewählte Plattform und die Technologie. Menschmodelle werden in Desktop- und immersiven Systemen eingesetzt.
Desktopbasierte Systeme verwenden herkömmliche Monitore. Hierbei sind die Softwareentwicklungen entweder in 3D-CAD-Systeme integriert, Stand-Alone-Lösungen oder Plugins in Animations- und Modellierungssoftware, wobei ein Datenaustausch über Standardformate erfolgt.
Immersive Systeme verwenden zur Visualisierung der virtuellen Umgebung Head Mounted Displays oder raumfeste Projektionssysteme (Cave) in Verbindung mit speziellen Brillen und einem Trackingsystem.
In virtuellen Umgebungen wird mit virtuellen Menschmodellen über verschiedenste Ein- und Ausgabemgeräte interagiert. Virtuelle Realität verkörpert eine Plattform zur Darstellung digitaler Ergebnisse. Virtual-Reality-Systeme verwenden zur Visualisierung Head Mounted Displays oder eine CAVE (Cave Automatic Virtual Environment), bei der 3D-Bilder auf bis zu sechs feste, senkrecht zueinander stehende Projektionsebenen geworfen werden. Das virtuelle Menschmodell kann in der immersiven Umgebung mit räumlich virtuellen und realen Objekten in Kontakt treten.
Digitale Menschmodelle werden für ergonomische Aufgaben der Produkt- und Produktionsergonomie sowie der Digitalen Fabrik entwickelt. Der Wirkungskreis liegt demnach bei der Unterstützung ergonomischer Sachverhalte in Entwicklung und Konstruktion von Produkten, in der Arbeitssystemgestaltung, z. B. von Produktions- und Dienstleistungsbereichen sowie in der Produktionsplanung und Gestaltung der Fabrik nach ergonomischen Gesichtspunkten.
Neuere Forschungsansätze zeigen, dass neben menschlichen Eigenschaften bereits mentale Fähigkeiten des Menschen modellmäßig erschlossen werden können. Unter dem Begriff „kognitive Menschmodellierung“ werden Informationsverarbeitungsprozesse rechentechnisch umgesetzt Ergotyping schließt daher kognitive Egonomie (Betrachtung des Informationsflusses an der Mensch-Maschine-Schnittstelle) ein.