Planungsmethode ema : Ueberblick und Workflow: Unterschied zwischen den Versionen
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Grundbewegungen führen die menschlichen Funktionsträger/ Körperbereiche Arme, Beine, Hände, Füße, Kopf, Oberkörper, Hüfte aus. | Körperstellungen (als Arbeits- und auch Ruhestellungen) sind geometrisch gesehen ganz allgemein räumliche Beziehungen einzelner Körpergliedmaßen zueinander. Prinzipielle Grundstellungen sind Liegen, Hocken, Knien, Sitzen, Stehen. | ||
Körperhaltungen hingegen sind Bewegungsvarianten einer Körperstellung. DIN EN 1005-1: 2009-04 definiert Körperhaltung "...als Lage von Körper, Körperteil(en) oder Gelenk(en)." | |||
Die Grundposen in '''''ema''''' entsprechen in etwa den Körperstellungen. | |||
Die Grundbewegung in '''''ema''''' kann sinngemäß der Körperhaltung gleichgesetzt werden. Grundbewegungen (z. B. Fingerbewegung, Kopfdrehung, Rumpfflexion) führen die menschlichen Funktionsträger/ Körperbereiche Arme, Beine, Hände, Füße, Kopf, Oberkörper, Hüfte aus. Die Grundbewegungen dieser Körperabschnitte (der Bewegungsgruppen) führen zu Übergängen zwischen Körperstellungen. Damit führen Grundbewegungen einerseits zu Grundposen und mehrere Grundbewegungen zu Elementarverrichtungen. So besteht Sitzen beispielsweise aus den Grundbewegungen ''Hüft- und Beinbewegung''. Auch ist das ''Hinlangen zu einem Objekt'' eine Grundbewegung. Die Elementarverrichtung ''Objekt aufnehmen'' kann sich bereits aus mindestens zwei Grundbewegungen zusammensetzen: z. B. aus ''Hinlangen zum Objekt'' und aus ''Kopfbewegung'' (durch Blickrichtung, Sichtkontakt). Eine Komplexverrichtung, z. B. ''Montage des Objekts'' an einem Verbauort wiederum aus mehreren Elementarverrichtungen (z. B. ''Objekt aufnehmen'', ''Objekt platzieren'', ''Objekt festdrücken'') bestehen. | |||
In '''''ema''''' existiert eine Verrichtungsbibliothek, die Elementarverrichtungen enthält. Diesen Elementarverrichtungen sind im Kontext der Tätigkeit charakteristische Eigenschaften zuzuordnen, die zur Parametrisierung von Grundposen führen, die durch programminterne Grundbewegungen ausgelöst werden. | |||
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Schönherr, Ricardo (2014): Simulationsbasierte Absicherung der Ergonomie mit Hilfe digital beschriebener menschlicher Bewegungen. Chemnitz, Techn. Univ., Diss., 2014 | Schönherr, Ricardo (2014): Simulationsbasierte Absicherung der Ergonomie mit Hilfe digital beschriebener menschlicher Bewegungen. Chemnitz, Techn. Univ., Diss., 2014 | ||
DIN EN ISO 6385: 2014-10 Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen. Berlin: Beuth Verlag | |||
DIN EN 1005-1: 2009-04 Sicherheit von Maschinen - Menschliche körperliche Leistung - Teil 1: Begriffe. Berlin: Beuth Verlag |
Version vom 10. November 2015, 16:06 Uhr
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Überblick zur prinzipiellen Funktionsweise von ema
Das Softwarewerkzeug ema ist ein Hilfsmittel und gleichzeitig eine Methode für Planung, Gestaltung und Optimierung von Prozessabläufen in der industriellen Fertigung innerhalb früher Planungsphasen.
In der Software wird zunächst ein abstraktes digitales Abbild des Arbeitssystems (Begriff Arbeitssystem: s. DIN EN ISO 6385: 2014-10) erstellt, welches Arbeitsmittel (z. B. Werkzeuge, Maschinen, Anlagen, Möbel, Einrichtungen), Arbeitsgegenstände (be- oder verarbeitete Objekte: Stoffe, Güter) und die im Rahmen von Arbeitsaufgaben agierende Zielpopulation umfasst und als 3D-Geometrien visualisiert. Die Zielpopulation wird durch Menschmodelle repräsentiert, die anthropometrische Eigenschaften und eine kinematische Skelettstruktur aufweisen.
Danach wird der Arbeitsablauf, d. h. die zeitliche und räumliche Abfolge menschlicher Arbeitshandlungen (technologische Arbeitsverrichtungen) modelliert. Dabei erfolgt die Bewegungsgenerierung des Menschmodells nicht über lokale Gelenkpunktanimation und/ oder über Vorwärts- und inverse Kinematik, die der Nutzer über Targets oder Winkeleinstellungen ansteuert, sondern über sogenannte Verrichtungen, die dann programmintern durch einen Bewegungsgenerator verarbeitet und in Bewegungen überführt werden. Diese Verrichtungen sind in einer Bibliothek enthalten. Der Nutzer stellt die Verrichtungen gemäß der prozessbedingten Vorgangsreihenfolge zusammen und parametrisiert diese. Das geschieht über die Angabe von Rahmenbedingungen (z. B. Zielpositionen, Objekthandhabung, zugelassene Körperbewegungen etc.).
Diese zunächst "in Warteschlange" befindlichen Verrichtungen werden anschließend einem Simulationsmodell zugeführt und einer (internen) Plausibilitätsprüfung unterzogen. Sind alle Kenngrößen in ihrer Ausprägung vollständig und stimmig, werden die Ergebnisdaten in aufbereiteter, übersichtlicher und verständlicher Form ausgegeben.
ema besitzt Ergebnis-Tools für verschiedene Anwendungsaspekte:
- Visualisierung der Posen des Menschmodells als fließende Bewegungen bei Ausführung der einzelnen synthetischen Verrichtungen
- Ermittlung der an MTM angelehnten Richtwertzeiten
- Bestimmung zeitlicher Verschwendung im Prozess
- Darstellung von Strukturdiagrammen des Arbeitsablaufs, auch simultaner und verketteter Prozessabschnitte
- Ergonomiebewertung multipler physischer Belastungen nach dem Ergonomieverfahren EAWS
- Speicherung und Verwaltung aller Ergebnisdaten sowie Bezugsetzung zu allen Einzelverrichtungen
- MTM (Methods-Time Measurement) MTM
- Arbeitsablauf-Zeitanalyse
- Methode zur Planung der Dauer von Arbeitsabläufen und darüber zur Planung und Gestaltung produktiver Arbeit
- Fokus des MTM: prospektive Prozessbeschreibung: d. h. Vorwegnahme einzelner Bewegungen für einen geplanten Prozess
- Methode zur Modellierung menschlicher Bewegungen
- Zerlegung manueller Tätigkeiten in elementare Grundbewegungen mittels definierter Prozessbausteine und Zuordnung von Elementarzeiten
- EAWS (Ergonomic Assessment Worksheet)
- Risikobewertungsverfahren nach Ampelschema zur kombinierten Betrachtung körperlicher Belastungsarten
- für überwiegend getaktete industrielle Fertigungsbereiche
- Belastungspunkte für physische Beanspruchungen unter ergonomisch ungünstigen Arbeitssituationen
Beispielhafte Szene mit partiellen Analyseergebnissen:
Prozesssprache von ema
Eine Arbeitsaufgabe ist die Aufforderung an den Arbeitenden, Tätigkeiten auszuführen. Die Tätigkeiten bestehen aus einer Anzahl erforderlicher Aktivitäten/ menschlicher Arbeitshandlungen/ komplexer Verrichtungen, die wiederum untergeordnete Verrichtungen beinhalten. Die räumlich-zeitliche Abfolge dieser Tätigkeiten beschreibt den Arbeitsablauf.
- Tätigkeiten in räumlich-zeitlicher Abfolge
- --> komplexe Verrichtungen
- --> untergeordnete Verrichtungen (Elementarverrichtungen)
- --> komplexe Verrichtungen
Die Prozesssprache von ema bewegt sich auf der Ebene der Elementarverrichtungen.
Beispiel: Arbeitsaufgabe Fahrradmontage
Tätigkeit Nr. xyz:
- Ablegen eines Fahrradrahmens auf einem Förderband
Komplexverrichtungen:
- Ablegen
Elementarverrichtungen:
- Laufen zum Objekt Fahrradrahmen - Fahrradrahmen aufnehmen - Laufen zum Förderband - Platzieren Fahrradrahmen auf dem Förderband
Grundbewegungen zu ´Laufen zum Objekt Fahrradrahmen´:
- Drehen in Vorgaberichtung - Aufrichten - Fuß zu Ziel bewegen
Im obigen Beispiel der Fahrradmontage sieht die Prozesssprache folgende Elementarverrichtungen vor, die über eine Parametrisierung weiter untersetzt werden:
ema-Prozesssprache in Bezugsetzung zur Strukturierung des arbeitsorganisatorischen Prozessablaufs
--> siehe hierzu (Schönherr, 2014)
Nach REFA wird der Prozessablauf vertikal in folgende Stufen gegliedert, wobei die unterste Hierarchieebene die größte Granularität aufweist.
Das arbeitsorganisatorische Strukturierungsmodell für Systeme vorbestimmter Zeiten gemäß MTM folgt ebenfalls einer vertikalen Hierarchie und lässt sich dem REFA-Modell gegenüberstellen.
ema definiert tätigkeitsunabhängige parametrische Bewegungsbausteine, mit denen sich beliebige Elementarverrichtungen zusammensetzen lassen. Die Bewegungssynthese in ema beruht auf der untersten Hierarchieebene von REFA/ MTM: der Grundbewegung.
Die Verrichtungshierarchie insgesamt besteht aus den vier Ebenen:
- Komplexverrichtung
- Elementarverrichtung
- Grundbewegung
- Grundpose
- Grundbewegung
- Elementarverrichtung
Körperstellungen (als Arbeits- und auch Ruhestellungen) sind geometrisch gesehen ganz allgemein räumliche Beziehungen einzelner Körpergliedmaßen zueinander. Prinzipielle Grundstellungen sind Liegen, Hocken, Knien, Sitzen, Stehen.
Körperhaltungen hingegen sind Bewegungsvarianten einer Körperstellung. DIN EN 1005-1: 2009-04 definiert Körperhaltung "...als Lage von Körper, Körperteil(en) oder Gelenk(en)."
Die Grundposen in ema entsprechen in etwa den Körperstellungen. Die Grundbewegung in ema kann sinngemäß der Körperhaltung gleichgesetzt werden. Grundbewegungen (z. B. Fingerbewegung, Kopfdrehung, Rumpfflexion) führen die menschlichen Funktionsträger/ Körperbereiche Arme, Beine, Hände, Füße, Kopf, Oberkörper, Hüfte aus. Die Grundbewegungen dieser Körperabschnitte (der Bewegungsgruppen) führen zu Übergängen zwischen Körperstellungen. Damit führen Grundbewegungen einerseits zu Grundposen und mehrere Grundbewegungen zu Elementarverrichtungen. So besteht Sitzen beispielsweise aus den Grundbewegungen Hüft- und Beinbewegung. Auch ist das Hinlangen zu einem Objekt eine Grundbewegung. Die Elementarverrichtung Objekt aufnehmen kann sich bereits aus mindestens zwei Grundbewegungen zusammensetzen: z. B. aus Hinlangen zum Objekt und aus Kopfbewegung (durch Blickrichtung, Sichtkontakt). Eine Komplexverrichtung, z. B. Montage des Objekts an einem Verbauort wiederum aus mehreren Elementarverrichtungen (z. B. Objekt aufnehmen, Objekt platzieren, Objekt festdrücken) bestehen.
In ema existiert eine Verrichtungsbibliothek, die Elementarverrichtungen enthält. Diesen Elementarverrichtungen sind im Kontext der Tätigkeit charakteristische Eigenschaften zuzuordnen, die zur Parametrisierung von Grundposen führen, die durch programminterne Grundbewegungen ausgelöst werden.
--> hier geht es demnächst weiter
Workflow
Einer digitalen Untersuchung der Variantenentwürfe von Prozessabläufen liegt in ema die folgende Schrittfolge zugrunde:
Ermittlung und Aufbereitung von Ausgangsdaten des Projektes
- Daten zum Arbeitssystem: Zielpopulation; Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstände, räumlich-zeitliche Abfolge von Tätigkeiten
- Modellbildung der Arbeitsplätze des Arbeitssystems
- a) Erzeugung von 3D-Geometriemodellen in CAD-Systemen
- b) Festlegung weiterer Geometrien und der Abmessungen als/ aus ema-Bibliotheksobjekt
- Abstraktion bzw. Untersetzung der menschlichen Arbeitshandlungen gemäß ema-Prozesssprache (Beschreibung als untergeordnete Verrichtungen)
- Bestimmung des Bewegungsverhaltens von Arbeitsmitteln, -gegenständen
Erzeugung eines digitalen Arbeitsplatzmodells (Kombination, räumliche Anordnung der Arbeitsmittel)
- Laden / Erzeugen von Bibliotheksobjekten
- Einbindung externer 3D-Objekte/ 3D-Geometriemodelle
- Layoutaufbereitung
Einbindung von digitalen Menschmodellen
- Konfiguration und Laden von Menschmodellen als Bibliotheksobjekt
Digitale Umsetzung geplanter Arbeitsabläufe durch Überführung untergeordneter Verrichtungen in ema-Prozesssprache (digitales Verrichtungsmodell)
- Auswahl von Verrichtungen des Werkers aus der Verrichtungsbibliothek
- Parametrisierung der Verrichtungen gemäß dem Verhalten des Werkers
- Festlegung von Objekteigenschaften (ergonomierelevant…)
- Erstellung von Objektbewegungen
- Erstellung von Hierarchien und der Synchronisation von Teilprozessen
Zuführung des Verrichtungsmodells zum Simulationsmodell
- Simulation der Arbeitsaufgabe
- Plausibilisierung
- ggf. Änderung von Verrichtungsparametern, von Hierarchien
Ergebnisauswertung
- Ermittlung von MTM-Richtzeit, von Prozessdaten; Ergonomiebewertung
- Auswertung und ggf. Ausgabe (Excel-Export)
Modifikation und Optimierung des Arbeitssystems
- Änderung des Arbeitsplatzlayouts
- Änderung von Arbeits-Technologien
- Änderung von Objekteigenschaften (Masse, Kräfte, Geometrien…)
Filmbeispiele zu Anwendungen von ema
(1) Einfache Montagearbeiten: Waschmaschinenmontage
siehe Waschmaschinenmontage
(2) Montage am bewegten Objekt: Der Arbeiter verrichtet körperliche Arbeiten an einem bewegten Objekt
siehe Montage am bewegten Fahrzeug
(3) Verkettete Arbeitsplätze: Ein Arbeiter verrichtet seine Arbeit in Abhängigkeit von einem vorgeschalteten Arbeiter, welcher Bauteile oder Arbeitsmittel liefert
siehe verkettete Arbeitsplätze
(4) Menschmodell-Roboter-Kollaboration: Ein Arbeiter kooperiert z.B. für eine Bauteilmontage (Fahrzeugtürmontage) mit einem Roboter
siehe Mensch-Modell-Roboter Kollaboration
Literatur:
Schönherr, Ricardo (2014): Simulationsbasierte Absicherung der Ergonomie mit Hilfe digital beschriebener menschlicher Bewegungen. Chemnitz, Techn. Univ., Diss., 2014
DIN EN ISO 6385: 2014-10 Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen. Berlin: Beuth Verlag
DIN EN 1005-1: 2009-04 Sicherheit von Maschinen - Menschliche körperliche Leistung - Teil 1: Begriffe. Berlin: Beuth Verlag